Ich wünsche dir Zeit
Ich wünsche dir
nicht alle möglichen Gaben.
Ich wünsche dir nur,
was die meisten nicht haben:
Ich wünsche dir Zeit, dich zu freuen und zu lachen,
und wenn du sie nützt, kannst du etwas draus machen.
Ich wünsche dir Zeit für dein Tun und dein Denken,
nicht nur für dich selbst, sondern auch zum Verschenken.
Ich wünsche dir Zeit, nicht zum Hasten und Rennen,
sondern die Zeit zum Zufrieden sein können.
Ich wünsche dir Zeit, nicht nur so zum Vertreiben.
Ich wünsche, sie möge dir übrig bleiben
als Zeit für das Staunen und Zeit für Vertrauen,
anstatt nach der Zeit auf der Uhr nur zu schauen.
Ich wünsche dir Zeit, nach den Sternen zu greifen,
und Zeit, um zu wachsen, das heißt, um zu reifen.
Ich wünsche dir Zeit, neu zu hoffen, zu lieben.
Es hat keinen Sinn, diese Zeit zu verschieben.
Ich wünsche dir Zeit, zu dir selber zu finden,
jeden Tag, jede Stunde als Glück zu empfinden.
Ich wünsche dir Zeit, auch um Schuld zu vergeben.
Ich wünsche dir: Zeit zu haben zum Leben!
Ein Gedicht von Elli Michler
Parabel vom Adler
von James Aggrey
Einst fand ein Mann bei einem Gang durch den Wald einen jungen Adler. Er nahm ihn mit nach Hause auf seinen Hühnerhof, wo der Adler bald lernte, Hühnerfutter zu fressen und sich wie ein Huhn zu verhalten.
Eines Tages kam ein Zoologe des Wegs und fragte den Eigentümer, warum er einen Adler, den König aller Vögel, zu einem Leben auf dem Hühnerhof zwinge.
„Da ich ihm Hühnerfutter gegeben und ihn gelehrt habe, ein Huhn zu sein, hat er nie das Fliegen gelernt“, antwortete der Eigentümer. „Er verhält sich genau wie ein Huhn, also ist er kein Adler mehr.“ „Dennoch“, sagte der Zoologe, „hat er das Herz eines Adlers und kann sicher das Fliegen lernen.“
Nachdem sie die Sache beredet hatten, kamen die beiden Männer überein, zu ergründen, ob das möglich sei. Behutsam nahm der Zoologe den Adler in die Arme und sagte: „Du gehörst den Lüften und nicht der Erde. Breite deine Flügel aus und fliege.“
Doch der Adler war verwirrt; er wusste nicht, wer er war, und als er sah, wie die Hühner ihre Körner pickten, sprang er hinab, um wieder zu ihnen zu gehören.
Unverzagt nahm der Zoologe den Adler am nächsten Tag mit auf das Dach des Hauses und drängte ihn wieder: „Du bist ein Adler. Breite deine Flügel aus und fliege.“ Doch der Adler sprang wieder hinunter zu dem Hühnerfutter. Am dritten Tag machte sich der Zoologe früh auf und nahm den Adler aus dem Hühnerhof mit auf einen hohen Berg. Dort hielt er den König der Vögel hoch in die Luft und ermunterte ihn wieder: „Du bist ein Adler. Du gehörst ebenso den Lüften wie der Erde. Breite jetzt deine Flügel aus und fliege.“
Der Adler schaute sich um, sah zurück zum Hühnerhof und hinauf zum Himmel. Noch immer flog er nicht. Da hielt ihn der Zoologe direkt gegen die Sonne, und da geschah es, dass der Adler zu zittern begann und langsam seine Flügel ausbreitete. Endlich schwang er sich mit einem triumphierenden Schrei hinauf gen Himmel. Es mag sein, dass der Adler immer noch mit Heimweh an die Hühner denkt; es mag sogar sein, dass er hin und wieder den Hühnerhof besucht. Doch soweit irgendjemand weiß, ist er nie zurückgekehrt und hat das Leben eines Huhns wieder aufgenommen. Er war ein Adler, obwohl er wie ein Huhn gehalten und gezähmt worden war.
Ein Freund ??
Ich bin mächtiger als alle Armeen der Welt.
Ich habe mehr Menschen kaputtgemacht als alle Kriege.
Ich habe Millionen von Verkehrsunfällen verursacht
und mehr Heime und Familien zerstört als alle Sturmfluten und Überschwemmungen zusammen.
Ich bin der gemeinste Dieb der Welt.
Ich stehle jedes Jahr Milliarden.
Ich finde meine Opfer sowohl unter den Reichen als auch unter den Armen, unter jungen ebenso unter den alten Menschen, unter Starken und Schwachen.
Ich bin ruhelos, heimtückisch und unvorhersehbar.
Ich bin überall zu Hause, auf der Straße, in der Fabrik,
im Büro, auf der See und in der Luft.
Ich gebe nichts und nehme alles.
Ich bin dein ärgster Widersacher.
Ich bin der Alkohol, die Droge, die Pille !!!
Die Maske
Bitte höre, was ich nicht sage! Lass dich nicht von mir narren. Lass dich nicht durch das Gesicht täuschen, das ich mache, denn ich trage Masken, Masken, die ich fürchte, abzulegen. Und keine davon bin ich. So tun als ob ist eine Kunst, die mir zur zweiten Natur wurde. Aber lass dich dadurch nicht täuschen, ich mache den Eindruck, als sei ich umgänglich, als sei alles heiter in mir, und so als brauchte ich niemanden. Aber glaub mir nicht!
Mein Äußeres mag sicher erscheinen, aber es ist meine Maske. Darunter bin ich, wie ich wirklich bin: verwirrt, in Furcht und allein. Aber ich verberge das. Ich möchte nicht, dass es irgendjemand merkt. Beim bloßen Gedanken an meine Schwächen bekomme ich Panik und fürchte mich davor, mich anderen überhaupt auszusetzen. Gerade deshalb erfinde ich verzweifelt Masken, hinter denen ich mich verbergen kann: eine lässige Fassade, die mir hilft, etwas vorzutäuschen, die mich vor dem wissenden Blick sichert, der mich erkennen würde. Dabei wäre dieser Blick gerade meine Rettung. Und ich weiß es. Wenn es jemand wäre, der mich annimmt und mich liebt. Das ist das einzige, das mir die Sicherheit geben würde, die ich mir selbst nicht geben kann: dass ich wirklich etwas wert bin. Aber das sage ich dir nicht. Ich wage es nicht. Ich habe Angst davor. Ich habe Angst, dass dein Blick nicht von Annahme und Liebe begleitet wird. Ich fürchte, du wirst gering von mir denken und über mich lachen.
Und dein Lachen würde mich umbringen. Ich habe Angst, dass ich tief drinnen in mir nichts bin, nichts wert, und dass du das siehst und mich abweisen wirst. So spiele ich mein Spiel, mein verzweifeltes Spiel: eine sichere Fassade außen und ein zitterndes Kind innen. Ich rede daher im gängigen Ton oberflächlichen Geschwätzes. Ich erzähle dir alles, was wirklich nichts ist, und nichts von alledem, was wirklich ist, was in mir schreit; deshalb lass dich nicht täuschen von dem, was ich aus Gewohnheit rede. Bitte höre sorgfältig hin und versuche zu hören, was ich nicht sage, was ich gerne sagen möchte, was ich aber nicht sagen kann. Ich verabscheue dieses Versteckspiel, das ich da aufführe. Es ist ein oberflächliches, unechtes Spiel. Ich möchte wirklich echt und spontan sein können, einfach ich selbst, aber du musst mir helfen. Du musst deine Hand ausstrecken, selbst wenn es gerade das letzte zu sein scheint, was ich mir wünsche. Nur du kannst mich zum Leben rufen. Jedes Mal, wenn du freundlich und gut bist und mir Mut machst, jedes Mal, wenn du zu verstehen suchst, weil du dich wirklich um mich sorgst, bekommt mein Herz Flügel, sehr kleine Flügel, sehr brüchige Schwingen, aber Flügel!
Dein Gespür und die Kraft deines Verstehens geben mir Leben. Ich möchte, dass du das weißt. Ich möchte, dass du weißt, wie wichtig du für mich bist, wie sehr du aus mir den Menschen machen kannst, der ich wirklich bin, wenn du willst. Bitte, ich wünschte, du wolltest es. Du allein kannst die Wand niederreißen, hinter der ich zittere. Du allein kannst mir die Maske abnehmen. Du allein kannst mich aus meiner Schattenwelt, aus Angst und Unsicherheit befreien, aus meiner Einsamkeit. Übersieh mich nicht. Bitte, übergehe mich nicht! Es wird nicht leicht für dich sein. Die lang andauernde Überzeugung, wertlos zu sein, schafft dicke Mauern. Je näher du mir kommst, desto blinder schlage ich zurück. Ich wehre mich gegen das, wonach ich schreie. Aber man hat mir gesagt, dass Liebe stärker sei als jeder Schutzwall, und darauf hoffe ich. Wer ich bin, willst du wissen? Ich bin jemand, den du sehr gut kennst und der dir oft begegnet.
Tobias Brocher, Von der Schwierigkeit zu lieben.
GESTERN – HEUTE – MORGEN
Es gibt in jeder Woche zwei Tage, über die wir uns keine Sorgen machen sollten. Zwei Tage, die wir frei halten sollten von Angst und Sorgen.
Einer dieser Tage ist Gestern mit all seinen Fehlern und Sorgen, seelischen und körperlichen Schmerzen. Das Gestern ist nicht mehr unter unserer Kontrolle! Alles Geld dieser Welt kann uns das Gestern nicht zurückbringen, wir können keine einzige Tat, die wir getan haben, ungeschehen machen. Wir können kein Wort zurücknehmen, das wir gesagt haben.
Das Gestern ist vorbei!
Der andere Tag, über den wir uns keine Sorgen machen sollten, ist das Morgen mit all seinen möglichen Gefahren, Lasten, großen Versprechungen und weniger guten Leistungen.
Auch das Morgen haben wir nicht unter unserer sofortigen Kontrolle.
Morgen wird die Sonne aufgehen, entweder in ihrem vollen Glanz, oder hinter einer Wolkenwand. Aber eines ist sicher, sie w i r d aufgehen! Bis sie aufgeht, sollten wir uns über das Morgen keine Sorgen machen, weil Morgen noch nicht geboren ist.
Da bleibt nur ein Tag übrig.
HEUTE !
Jeder Mensch kann nur die Schlacht von einem Tag schlagen. Dass wir zusammenbrechen, geschieht nur, wenn Du und Ich die Last dieser zwei fürchterlichen Ewigkeiten –gestern und morgen – zusammenfügen. Es ist nicht die Erfahrung von heute, die die Menschen verrückt macht; es ist die Reue und Verbitterung für etwas, was gestern geschehen ist, oder die Furcht vor dem, was das Morgen uns bringen wird.
(Autor unbekannt)
Deine zwölf persönlichen Rechte
1. Du hast das Recht, Dein Verhalten, Deine Gefühle und Deine Gedanken selbst zu beurteilen und brauchst dich dafür weder zu rechtfertigen noch zu entschuldigen.
2. Du hast das Recht, Deine eigenen Wünsche und Bedürfnisse ebenso ernst zu nehmen wie die von anderen Menschen.
3. Du hast das Recht, Fehler zu machen und die Folgen zu tragen.
4. Du hast das Recht, anderen eine Bitte abzuschlagen, ohne Dich schuldig zu fühlen oder dich für egoistisch zu halten.
5. Du hast das Recht, deine Meinung zu ändern.
6. Du hast das Recht, „unlogisch“ zu sein.
7. Du hast das Recht, selbst zu entscheiden, ob du das, was andere dir als Fehler vorwerfen, ändern willst.
8. Du hast das Recht, selber zu beurteilen, ob du für die Lösung der Probleme anderer Menschen mitverantwortlich bist.
9. Du hast das Recht, Fragen nicht zu beantworten.
10. Du hast das Recht, etwas nicht zu verstehen.
11. Du hast das Recht, etwas nicht zu wissen.
12. Du hast das Recht, nein zu sagen, ohne dieses „NEIN“ begründen zu müssen.
Als sie lachte …
Als sie lachte, sagte man ihr, sie sei kindisch.
Also machte sie fortan ein ernstes Gesicht.
Das Kind in ihr blieb, aber es durfte ja nicht mehr lachen.
Als sie liebte, sagte man ihr, sie sei zu romantisch.
Also lernte sie sich realistischer zu zeigen,
und verdrängte manche Liebe.
Als sie reden wollte, sagte man ihr, darüber spreche man nicht.
Also lernte sie zu schweigen.
Die Fragen, die ihr brannten, blieben ohne Antwort.
Als sie weinte, sagte man Ihr, sie sei einfach zu weich.
Also lernte sie die Tränen zu unterdrücken.
Sie weinte zwar nicht mehr, doch hart wurde sie nicht.
Als sie schrie, sagte man ihr, sie sei hysterisch.
Also lernte sie nur noch schreien, wenn niemand es hören konnte.
Oder sie schrie lautlos in sich hinein.
Als sie zu trinken begann, sagte man ihr, das löse ihre Probleme nicht.
Sie solle eine Entziehungskur machen.
Es war ihr egal, weil ihr schon so viel entzogen worden war.
Als sie wieder draußen war, sagte man ihr, sie könne wieder von vorne anfangen.
Also tat sie, als begänne sie ein neues Leben.
Aber wirklich leben konnte sie nicht mehr, sie hatte es verlernt.
Als sie ein Jahr später sich versteckt zu Tode getrunken hatte, sagte man nichts mehr.
Und jeder für sich versuchte leise, das Unbehagen mit den Blumen ins Grab zu werfen.
Alkohol im Ring
Bei einer AA-Konferenz verglich ein Mann, ein Cherokee Indianer, seinen
Kampf mit Alkohol mit Boxen.
Der Mann und der Alkohol stehen im Ring. In der ersten Runde gewinnt der
Mann noch. Es macht noch Spaß. In weiteren Runden, nach einigen
Kinnhaken und Schlägen unter die Gürtellinie, die ihm der Alkohol
versetzt, wird es langsam klar, wer der Sieger sein wird. Trotzdem glaubt er dem Alkohol, wenn dieser ihm sagt:
„Du kannst gewinnen!“
Dann kommt sein Sohn zu ihm und sagt: „Vater, hör auf. Wir gehen jetzt nach Hause, denn wir können es nicht mit ansehen, wie Du so zerschlagen wirst!“
„Noch eine Runde!“, sagt der Mann, ‚diesmal gewinne ich!‘ Und er kämpft weiter.
Der Mann kann kaum noch stehen, aber er kämpft weiter. Dann kommt seine Tochter und sagt: „Hör auf, diesen Kampf hast Du verloren. Wir können es nicht mehr mit ansehen!“ Er schaut sich um und sieht, dass alle weggegangen sind. Die Halle ist leer. Nur er steht noch im Ring mit dem Alkohol, der ihm immer wieder sagt:
„Diesmal gewinnst Du!“
„Nur noch eine Runde. Diesmal gewinne ich!“ sagt der Mann. Und er kämpft weiter. Als er endlich am Boden liegt, erkennt er, wer der Sieger ist.
In dem Moment, als er den Kampf aufgibt – ist es Schluss mit dem Trinken.
Und damit hat er den Kampf im wahrsten Sinne des Wortes gewonnen.
Der Alkohol geht weg und sucht sich ein anderes Opfer.